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Assessment-Center während der Corona-Krise?
Wie laufen Assessment-Center während der Corona-Krise ab? Womit müssen Bewerber rechnen? Was hat sich durch Corona verändert?
Diese oder ähnliche Fragen werden mir und meinem Team fast täglich von Bewerbern gestellt, die zur Vorbereitung auf ein Assessment-Center unsere Unterstützung in Anspruch nehmen. Da ich die „Assessment-Center-Landschaft“ sehr genau beobachte, stelle ich fest, dass es derzeit drei Strömungen bei der Durchführung von Assessment-Centern gibt, die ich hier einmal näher beleuchten möchte, das Assessment-Center als klassische Präsenzveranstaltung, das Online-Assessment und das Remote-Assessment.
1. Das klassische Präsenz-Assessment-Center
So kennt man Assessment-Center aus der Vergangenheit: der Arbeitgeber lädt zu sich ein, und das Assessment-Center findet bei ihm vor Ort oder in einem Tagungshotel statt. Institutionen des öffentlichen Dienstes halten fast ausschließlich an diesem Durchführungsformat fest, aber auch bei den Personalabteilungen vieler Unternehmen ist es nach wie vor State-of-the-Art. Diese Assessment-Center werden coronakonform geplant und durchgeführt – also unter Berücksichtigung der AHA-Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmasken). Diesbezüglich haben sich folgende Standards etabliert:
Das Setting ist so angelegt, dass Tische und Stühle so weit auseinanderstehen, dass der Mindestabstand von 1,50 m gewahrt bleibt. Konkret bedeutet das, dass man bei Face-to-Face-Situationen, wie Rollenspielen, Gruppendiskussionen oder Interviews, deutlich weiter voneinander entfernt sitzt, als man das aus der Vergangenheit kannte. Im Umgang mit der Mund-Nase-Bedeckung gelten bei vielen Assessment-Centern ähnliche Regeln, wie beim Besuch eines Restaurants. Man trägt diese bis man an seinem Platz angekommen ist und sobald man diesen wieder verlässt. Unüblich ist es dagegen, bei der Durchführung praktischer Übungen, wie Rollenspielen, Gruppendiskussionen oder Präsentationen, die Maske aufzubehalten. Der früher praktizierte Handschlag zur Begrüßung – beispielsweise bei einem Rollenspiel bzw. Mitarbeitergespräch – ist selbstverständlich tabu. Unpassend ist aber auch der sogenannte Ebola-Gruß, bei dem man sich Ellbogen an Ellbogen begrüßt. Selbst wenn man dies bei einigen Politikern sieht, ist diese Form im beruflichen Kontext eher unüblich – zumal sich dabei auch nicht der geforderte Mindestabstand einhalten lässt. Als unverfängliches Begrüßungsritual ist ein freundliches Zunicken aus der gebotenen Distanz deutlich besser geeignet. Viele Personalabteilungen gehen in der Einladung zum Assessment-Center auf die Corona-Situation ein und weisen auf bestimmte Hygieneregeln – die natürlich arbeitgeberspezifisch unterschiedlich streng ausgestaltet sein können – hin. Sollte dies nicht der Fall sein – was auf eine weniger professionelle Vorgehensweise hindeutet – schadet es nicht, vorab konkret nachzufragen, was aufgrund der Corona-Situation bezüglich der Teilnahme am Assessment-Center zu beachten ist.
2. Das Online-Assessment
Bei einem vollwertigen Online-Assessment werden sämtliche Module digital im virtuellen Raum durchgeführt. Der Teilnehmer agiert von zu Hause aus, an seinem eigenen Notebook und erhält Zugang zu einer Benutzeroberfläche, die an eine Online-Meeting-Plattform, wie beispielsweise Zoom oder Skype, erinnert. Was auf den ersten Blick so ähnlich wirkt, erweist sich bei genauerem Hinsehen aber als deutlich komfortabler und professioneller als die erwähnten Plattformen. Denn es handelt sich um Anwendungen, die weit mehr hergeben, als die Durchführung eines Rollenspiels via Webcam, das Abspielen einer PowerPoint-Präsentation oder die Benutzung eines interaktiven Whiteboards. Solche speziell entwickelten AC-Tools sind üblicherweise so designt, dass den Teilnehmern eine ganzheitliche Benutzeroberfläche mit einem virtuellen Meetingraum, einem eigenen E-Mail-Postfach und Ordnern mit diversen Inhalten dargeboten wird, auf der sie Dokumente per Drag and Drop verschieben, Terminkalender bearbeiten oder Nachrichten versenden können, so ähnlich, wie man das vom eigenen Bildschirmarbeitsplatz kennt – jetzt eben nur innerhalb eines virtuellen Unternehmens. Die Beobachter bzw. Personaler behalten auf einem Dashboard die Übersicht, erhalten statistische Auswertungen zu den Interaktionen der Kandidaten und nehmen in diesem geschlossenen System gleichzeitig ihre Beurteilungen vor. Oftmals erhalten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich vorab mit Hilfe einer Demo-Version mit den technischen Funktionen vertraut zu machen.
Solche Online-Assessments sind üblicherweise hochprofessionell aufgebaut und erlauben die Durchführung sämtlicher Assessment-Center-Übungen, angefangen von der Selbstpräsentation, über Mitarbeiter- und Kundengespräche in Form von Rollenspielen, Gruppendiskussionen, Teammeetings bis hin zu Postkorbaufgaben, Fallstudien und Fact-Finding-Aufgaben. Es gibt Bewerber, die sich mit den Modalitäten eines solchen Assessment-Centers oft leichter identifizieren können, als mit einem klassischen Präsenz-Assessment, bei dem häufig noch mit Papier und Stift bzw. dem Flipchart gearbeitet wird. Ich bin davon überzeugt, dass es sich dabei um das Assessment-Center der Zukunft handelt, welches im Laufe der nächsten Jahre mehr und mehr das klassische Präsenz-Assessment-Center ablösen wird. Gerade in Corona-Zeiten müsste dieses Format einen regelrechten Boom erleben. Doch dem ist nicht so. Die Umstellung auf so eine hochtechnisierte Lösung hat einen gewissen Preis. Und nachdem die meisten Branchen von der Krise nicht unbehelligt geblieben sind, ist die Bereitschaft, in so eine High-End-Lösung zu investieren bei vielen Arbeitgebern zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben. Was dagegen in den vergangenen Monaten stark zulegte, ist das Format, das ich Ihnen als nächstes vorstelle.
3. Das Remote-Assessment
Diese Form des Assessment-Centers findet ebenfalls online statt. Allerdings wird dafür kein spezielles Assessment-Center-Tool genutzt, sondern es kommen Online-Meeting-Plattformen, wie beispielsweise Zoom, Adobe Connect, GoToMeeting oder Cisco Webex zur Anwendung. Diese bieten ebenfalls die Möglichkeit, Rollenspiele, Interviews oder Gruppendiskussionen online per Webcam durchzuführen. Die Dokumente, die früher in Papierform vorlagen, werden den Bewerbern nun als PDF zur Verfügung gestellt, wie beispielsweise Fallstudien. Was dazu führt, dass diese oft durch umfangreiche Dokumente scrollen müssen und die Bearbeitung eher umständlich ist. Bei komplexen Modulen stoßen solche Remote-Assessments schnell an ihre Grenzen. Bei vielen Arbeitgeber, die aus Corona-Gründen keine Präsenzveranstaltungen durchführen möchten, ist dieses Format deshalb beliebt, weil sie ihre Materialien aus dem Präsenz-Assessment häufig 1:1 einsetzen können und das Investment sehr überschaubar bleibt. Alles in allem handelt es sich beim Remote-Assessment eher um eine Not- oder Übergangslösung als um eine Zukunftstechnologie.
Was hat sich durch Corona noch verändert?
In einigen Assessment-Centern wird inzwischen zunehmend mit Videoclips gearbeitet, diese ersetzen dann zusätzliche Rollenspielrunden. Ich kann diesen Trend daran festmachen, da wir im Rahmen unserer Online-Trainings über eine umfassende Videobibliothek von Assessment-Center-Situationen verfügen, die seit Beginn der Coronakrise nun verstärkt von Arbeitgebern für den Einsatz in deren Assessment-Centern angefragt werden. Konkret kann man sich das folgendermaßen vorstellen: Durchlief in einem Führungskräfte-Assessment vor Corona jeder Proband beispielsweise zwei Mitarbeitergespräche, so findet jetzt nur noch ein Durchgang statt. Anstatt der zweiten Live-Runde wird nun eine Videosequenz durchgeführt, in der der Kandidat ein Mitarbeitergespräch beobachtet und dabei das Verhalten der Führungskraft analysieren muss. Was sich zunächst nach einer leicht zu lösenden Aufgabe anhören mag, ist in Wirklichkeit ziemlich anspruchsvoll, zumal die Videosequenz nur einmal abläuft. Es erfordert viel Führungs-Know-how und eine hohe Kommunikationskompetenz, um die zahlreichen Details solcher Gesprächssituationen aus der Zuschauerperspektive treffsicher einordnen zu können. Gleiches gilt für Gruppendiskussionen und Teammeetings. In Präsenz-Assessments kann durch den Einsatz solcher Videoclips die Anzahl der persönlichen zwischenmenschlichen Kontakte auf ein Minimum reduziert werden – hier geht es also in erster Linie um Infektionsschutz. Werden solche Videoclips in Online- oder Remote-Assessments eingesetzt, geht es dagegen darum, die Kosten für den Einsatz von Rollenspielern gering zu halten.
Ein anderes Phänomen, das sich generell in Krisenzeiten zeigt, besteht darin, dass in der freien Wirtschaft die Messlatte in den Personalauswahlverfahren bzw. Assessment-Centern höher gelegt wird. Dies konnte ich bereits während der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 / 2009 beobachten. In Krisenzeiten verhalten sich viele Unternehmen sehr restriktiv bezüglich Neueinstellungen und Beförderungen, was sich wiederum in anspruchsvolleren Auswahlverfahren widerspiegelt.
Was Sie als Bewerber noch wissen sollten!
Wenn Sie eine Einladung zum Online-Assessment, Remote-Assessment oder einer Session mit einer ähnlich lautenden Bezeichnung erhalten, sagt das noch nichts darüber aus, ob es sich tatsächlich um das hier vorgestellte Online-Assessment (2.) oder ein Remote-Assessment (3.) handelt, da diese Begriffe von den Arbeitgebern keinesfalls einheitlich verwendet werden.
▬ Weiterführende Links ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬
► Kostenloses Assessment-Center-Training
► Assessment-Center-Vorbereitung bei Johannes Stärks Team
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